Peter Gèrard, 24.10.2012

 

Sehr verehrter, lieber Herr Gruntz! Es ist mir eine besondere Freude und Ehre heute hier zu stehen.

Lassen Sie mich, bevor ich zur Verleihung der Ehrensenatorwürde schreite den Bogen ihres Wirkungskreises über die Jazzmusik hinaus  etwas zu erweitern und kurz zu beschreiben.

Wie wir alle wissen entstand die Jazzmusik durch die Verschmelzung verschiedener Musik- und unterschiedlichen Stilrichtungen. Sie hat durch ihre ureigene Art, was den meisten nicht bekannt ist, viele Denkanstöße und Handlungsweisen für die Wirtschaft gegeben.

 

Als eine Person aus dem Leben der Wirtschaft habe ich mich ein Leben lang mit Märkten, Produktinnovationen, Kosten, Qualität, Flexibilität, Technologien und Geschäftsprozessen beschäftigt. In meiner Tätigkeit als Vorsitzender des Beirats der Hochschule für Kunst, Design und Musik habe ich gelernt, dass Jazz sich im Prinzip mit ähnlichen Themen auseinandersetzt.

Dabei spielen Effektivität und Effizienz eine zentrale Rolle. Nämlich das Richtige tun und etwas richtig tun.

Geschäftsergebnisse werden von einer Reihe von Faktoren beeinflusst. Die Bilanz dokumentiert die Vergangenheit und kann letztendlich nur bedingt als Garant des Erfolgs für die Fortschreibung der Unternehmensplanung herhalten. Ein Plan wiederum geht von Voraussetzungen aus, welche stabil oder richtig eingeschätzt werden müssen. In einem Umfeld in dem sich die Erfolgsfaktoren laufend verändern, ist die Einschätzung der Zukunft die Herausforderung. Im Management wird dabei die Improvisation häufig als der Beginn des Experimentierens und der Hilfslosigkeit gesehen.

Ganz anders im Jazz. Die Betrachtung der situativen Entstehung von neuen Prozessen, Rhythmen und Strategien sind dabei für die Wirtschaft durchaus ein geeigneter Benchmark.

Die Jazz Musik lebt von der Improvisation.

Eine Band welche Jazz spielt setzt letztendlich eine Art des Prozessmanagements um. Dies ist:

  • Autonomie: Unabhängigkeit, adaptierbar, selbst steuernd, bei gleichzeitiger Unterstützung eines Organisations-gebildes.
  • Passion: Kommittent, Energie, Kraft für ein außerordentliches Ergebnis.
  • Risiko: Die Fähigkeit Veränderungen anzunehmen, neue Dinge auszuprobieren und dabei gleichzeitig andere zu unterstützen, das Gleiche zu tun.
  • Innovation: Neue Dinge zu erfinden und diese zu kombinieren.
  • Zuhören: Die Fähigkeit zuzuhören und damit den Übergang und die Kommunikation zu garantieren.

Im Jazz und dem Geschäftsleben finden wir gleiches Verhalten, gleiches Vorgehen und vergleichbare Rollen.

Rotierende Solos, veränderte Rollen beide mit sehr intensiver informeller Kommunikation.

Trommel, Bass, Klavier, Saxophon, Trompete, stehen dem Analysten, dem Manager, dem Ingenieur, dem Mechaniker, dem Kontrolleur, gegenüber, führend und unterstützend.

Aus diesem Verhaltensmuster hat die Jazzmusik den Begriff Agilität geprägt. In der Wirtschaft ist der Begriff in Mode gekommen. Fast jeder versucht neuerdings diesem Trend zu folgen, um schnell zu reagieren, Veränderungen zu adaptieren.

Erfolgreiche Jazzmusiker treiben Stile (Bebop, Modal Jazz, Free Jazz, Jazz Rock, etc.), erfolgreiche Geschäftsprozessmanager treiben den kontinuierlichen Verbesserungsprozess (manuelle Prozesse, halbautomatische Prozesse, automatische Prozesse, adaptive Prozesse, etc.). Sie versuchen dabei gleichzeitig Wertschöpfungsketten zu zerstören um diese neu zusammenzusetzen um etwas neues entstehen zu lassen.

Dabei haben beide Themengebiete als Kernprinzip des Erfolgs den Wunsch zur Perfektion und der Innovation gemeinsam. // Und dabei Spaß und Freude zu haben!  

Lieber Herr Gruntz! Vielleicht war Ihnen bisher wenig bewusst, was Sie für einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Wirtschaft geleistet haben. Ich sehe Sie nicht nur als eine herausragende Persönlichkeit der Jazzmusik, sondern im gleichen Kontext ein Ideengeber und Inspirator der Wirtschaft.

Diese Hochschule ist stolz und dankbar Sie als Ehrensenator zu würdigen. Wir haben heute einen besonderen Tag.